Cortisol-Ungleichgewicht: Ursachen & Maßnahmen
Stress gehört für viele Menschen zum Alltag – sei es durch Zeitdruck, berufliche Anforderungen oder private Belastungen. Was viele nicht wissen: Die Reaktion unseres Körpers auf Stress wird maßgeblich durch das Hormon Cortisol gesteuert. In diesem Blog erfahren Sie, welche Funktionen Cortisol hat, was bei dauerhaft erhöhtem oder zu niedrigem Cortisolspiegel im Körper passiert und welche gesundheitlichen Folgen das haben kann.
Inhaltsübersicht
- Welche Funktionen hat Cortisol?
- Wie wirkt Cortisol in einer Stresssituation?
- Cortisol und das Cushing-Syndrom
- Ursachen des Cushing-Syndroms
- Symptome bei einem zu hohen Cortisolspiegel
- Was können Sie tun, wenn Ihr Cortisolspiegel zu hoch ist?
- Kann der Cortisolspiegel auch zu niedrig sein?
- Ursachen für einen niedrigen Cortisolspiegel
- Was sind die Symptome eines niedrigen Cortisolspiegels?
- Was ist zu tun, wenn der Cortisolspiegel zu niedrig ist?
Welche Funktionen hat Cortisol?
Cortisol ist ein Hormon und wird in den Nebennieren produziert, einem Organ, das oberhalb der Nieren liegt und für die Ausschüttung von Hormonen verantwortlich ist. Hormone sind chemische Botenstoffe und regulieren eine Vielzahl von Prozessen in unserem Körper. Cortisol erfüllt zahlreiche Funktionen in unserem Körper. So hilft es beispielsweise bei der Regulierung des Immunsystems, indem es Entzündungsreaktionen hemmt. Außerdem bestimmt es den Biorhythmus (Schlaf-Wach-Rhythmus) mit und hat einen Einfluss auf den Stoffwechsel, indem es die Verwendung von Fetten, Proteinen und Kohlenhydraten im Körper steuert (Cleveland Clinic, 2021).
Eine der wichtigsten Rollen spielt Cortisol jedoch bei der Stressregulation, weshalb es auch als “Stresshormon” bezeichnet wird. Der Cortisolspiegel schwankt auf natürliche Weise im Laufe des Tages, wobei er am Morgen seinen Höchststand erreicht und am Abend wieder abfällt (UMRC, 2023). Der Körper ist bestrebt, den Cortisolspiegel im Körper konstant zu halten, was auch als Homöostase bezeichnet wird. Langfristig hohe Cortisolwerte im Blut können sich negativ auf die Gesundheit auswirken (Cleveland Clinic, 2021).
Wie wirkt Cortisol in einer Stresssituation?
Die Stressreaktion ist ein Schutzmechanismus unseres Körpers, der uns hilft, in bedrohlichen Situationen besser zu funktionieren. Der Stressauslöser ist für jeden Menschen unterschiedlich und kann zum Beispiel ein freilaufender Hund, eine Prüfung oder eine Bedrohung durch eine andere Person sein. Wenn wir mit einer solchen Situation konfrontiert werden, reagiert unser Körper durch die Ausschüttung verschiedener Hormone, wie z. B. Adrenalin oder Cortisol. Cortisol erhöht die Menge an Zucker (Glukose) im Blut und steigert die Glukoseverwertung im Gehirn, so dass unserem Körper mehr Energie zur Verfügung steht und wir uns besser konzentrieren können (Mayo Clinic, 2021). Außerdem unterdrückt es das Verdauungssystem, das Fortpflanzungssystem und die Wachstumsprozesse, da diese in derartigen Situationen hinderlich sind. Nach einer Stresssituation normalisiert sich der Hormonspiegel im Prinzip wieder, jedoch kann dauerhafter Stress und die damit einhergehende übermäßige Ausschüttung von Cortisol und anderen Stresshormonen schädlich für den Körper werden.
Cortisol und das Cushing-Syndrom
Das Cushing-Syndrom ist eine Sammelbezeichnung für die Symptome, die auftreten, wenn der Körper über einen längeren Zeitraum zu viel des Hormons Cortisol produziert. Ein erhöhter Cortisolspiegel wird auch als Hypercortisolismus bezeichnet. Die Symptome beim Cushing-Syndrom entsprechen den Symptomen, die bei einem langfristig erhöhten Cortisolspiegel auftreten (Cleveland Clinic, 2022)
Ursachen des Cushing-Syndroms
Die häufigste Ursache des Cushing-Syndroms ist die langfristige Einnahme hochdosierter Glukokortikoide (NIH, 2018). Hierbei handelt es sich um künstliche Formen von Cortisol, die bei langfristiger Einnahme Symptome eines Hypercortisolismus, eines zu hohen Cortisolspiegels, verursachen können. Sie werden hauptsächlich zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Allergien und entzündlichen Erkrankungen, aber auch bei Transplantationen eingesetzt (Mayo Clinic, 2022). Die Ursache des Cushing-Syndroms kann auch im Körper selbst liegen.
In diesem Fall spricht man von endogenen Ursachen. Endogene Ursachen können entweder auf eine erhöhte Ausschüttung von Cortisol oder ACTH zurückgeführt werden. Eine Überproduktion von Cortisol kann durch einen Tumor an der Nebenniere verursacht werden. ACTH ist das Hormon, das die Produktion von Cortisol in der Nebenniere aktiviert. Eine Überproduktion von ACTH kann durch Tumore in der Hirnanhangsdrüse oder in anderen Teilen des Körpers verursacht werden. (Pluta et al., 2011). Nebennieren- und ACTH-produzierende Tumore sind in den meisten Fällen gutartig, können aber auch bösartig sein. Man spricht auch von Morbus Cushing, wenn das Cushing-Syndrom durch einen ACTH-produzierenden Tumor verursacht wird.
Symptome bei einem zu hohen Cortisolspiegel
Bei Menschen mit Langzeitstress ist der Cortisolspiegel nicht im Gleichgewicht, sondern oft dauerhaft erhöht. Das kann sich sowohl auf den Körper als auch auf die Psyche schädlich auswirken. Das Gleiche gilt, wenn eine Person Medikamente einnimmt, die den Cortisolspiegel erhöhen, oder wenn sie an einer Krankheit leidet, bei der zu viel Cortisol produziert wird. Erhöhtes Cortisol aufgrund von chronischem Stress, Medikamenteneinnahme oder anderen gesundheitlichen Problemen kann zu folgenden Symptome führen:
- Gewichtszunahme: Cortisol baut Fettreserven auf, die der Körper in Situationen nutzen kann, in denen er zusätzliche Energie bereitstellen muss. Dies kann den Appetit steigern, insbesondere auf energiereiche (kalorienreiche) Lebensmittel. Ein hoher Cortisolspiegel kann sich auch auf die Fettverteilung am Körper auswirken und zu einer vermehrten Fetteinlagerung im Bauchbereich (Brust, Rücken und Bauch) oder im Gesicht führen (Clutter, 2011).
- Erhöhter Blutzuckerspiegel: Cortisol kann den Blutzuckerspiegel anheben, um sicherzustellen, dass der Körper ausreichend Energie hat, um auf Gefahren zu reagieren. Langfristig kann ein hoher Cortisolspiegel jedoch zu einem anhaltend hohen Blutzuckerspiegel führen (Cleveland Clinic, 2021).
- Insulinresistenz: Da Cortisol die kurzfristige Energieverfügbarkeit erhöhen soll, verringert es die Insulinausschüttung im Körper und kann dazu führen, dass Fett- und Muskelzellen nicht mehr so gut auf Insulin reagieren, was auch als Insulinresistenz bezeichnet wird (UCSF, 2023). Bei Menschen mit Diabetes kann dies bedeuten, dass sie mehr Insulin einnehmen müssen, um ihren Blutzucker zu kontrollieren.
- Hoher Blutdruck: Cortisol erhöht als Teil der Stressreaktion den Blutdruck und die Herzfrequenz. Ein chronisch erhöhter Cortisolspiegel wird mit einem erhöhten Blutdruck und einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Schlaganfall oder Herzinfarkt in Verbindung gebracht (Inoue et al., 2021).
- Verlust von Muskelkraft und -volumen: Anhaltend hohes Cortisol kann die Proteinsynthese stoppen, was bedeutet, dass es für Ihren Körper schwieriger ist, Muskeln aufzubauen. Es kann auch dazu führen, dass der Körper Muskeln als Energiequelle nutzt, weshalb ein hoher Cortisolspiegel mit einer geringeren Muskelkraft in Verbindung gebracht wird (Peeters at el., 2008).
- Erhöhte Anfälligkeit für Infektionen: Bei kurzfristigem Stress unterdrückt Cortisol Entzündungen und das Immunsystem, während der Körper auf Gefahren reagiert. Langfristig kann ein hoher Cortisolspiegel jedoch zu verstärkten Entzündungen und einer schwächeren Immunreaktion führen (Morey et al., 2015).
- Angstzustände und Depressionen: Erhöhtes Cortisol wurde mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen (Dziurkowska & Wesolowski, 2021) und Angstzuständen (Mayo Clinic, 2021) in Verbindung gebracht.
- Hautveränderungen: Erhöhtes Cortisol kann den Abbau von Proteinen in der Haut und eine Schwächung der Blutgefäße verursachen, was zu dünner werdender Haut führt, die blaue Flecken, Verfärbungen, Risse oder rot-violette Streifen (Striae) aufweisen kann (Philips, 2007).
- Haarwuchs bei Frauen (Hirsutismus): Bei Frauen, die aufgrund einer Überproduktion des Hormons ACTH einen hohen Cortisolspiegel aufweisen, kann es zu dunklem und grobem Haarwuchs an Stellen kommen, an denen normalerweise keine Haare wachsen, wie im Gesicht und auf dem Rücken (Hafsi & Badri, 2022). Dies liegt daran, dass ACTH auch die Produktion von Androgenen anregen kann, Hormonen, die für bestimmte männliche Geschlechtsmerkmale wie die Gesichtsbehaarung verantwortlich sind.
Was können Sie tun, wenn Ihr Cortisolspiegel zu hoch ist?
Die Behandlung eines zu hohen Cortisolspiegels hängt von der Ursache ab und kann eine Operation, Bestrahlung, Chemotherapie oder cortisolreduzierende Medikamente umfassen. Wenn ein hoher Cortisolspiegel durch die Einnahme von Medikamenten verursacht wird, kann das Absetzen von Kortikosteroiden und/oder die Einnahme von Medikamenten, die das Cortisol senken, empfohlen werden. Wenn ein hoher Cortisolspiegel durch einen Tumor verursacht wird, kann eine Bestrahlung, Chemotherapie oder Operation durchgeführt werden (Cleveland Clinic, 2022). Lebensstil und Stressbelastung, Ernährung und körperliche Gesundheit haben ebenfalls einen Einfluss auf Ihren Cortisolspiegel und können die Ursache für einen zu hohen Cortisolspiegel sein.
Eine Umstellung auf ein bewusstes und gesünderes Leben kann sich positiv auf Ihren Cortisolspiegel auswirken und Ihre Lebensqualität verbessern. Die folgenden Maßnahmen können bei einem erhöhten Cortisolspiegel helfen:
- Reduzieren Sie Ihren Koffein- und Alkoholkonsum
- Ausreichend und erholsamen Schlaf praktizieren
- Bewegen Sie sich regelmäßig,
- Achten Sie auf eine gesunde Ernährung
- Erlernen Sie Meditation oder Atemübungen
- Praktizieren Sie Aktivitäten, die Sie entspannen und die Ihnen Spaß machen
Quelle: Harvard Health, 2021
Kann der Cortisolspiegel auch zu niedrig sein?
Cortisol ist wichtig für die Gesundheit. Sowohl ein zu niedriger als auch ein zu hoher Cortisolspiegel ist schädlich für die Gesundheit. Liegt ein Mangel an Cortisol vor (Hypocortisolismus), spricht man im klinischen Sinne von einer Nebenniereninsuffizienz. Es gibt drei Arten von Nebenniereninsuffizienz:
- Primäre Nebenniereninsuffizienz: Diese Insuffizienz wird auch als Addisonsche Krankheit bezeichnet und entsteht wenn Nebennieren nicht genug Cortisol produzieren.
- Sekundäre Nebenniereninsuffizienz: Die Insuffizienz tritt auf, wenn die Hypophyse nicht genügend ACTH produziert. Das in der Hypophyse produzierte ACTH regt die Produktion von Cortisol in der Nebenniere an.
- Tertiäre Nebenniereninsuffizienz: Diese Insuffizienz tritt auf, wenn der Hypothalamus im Gehirn nicht genügend CRH produziert – das Hormon, das die Hypophyse anweist, ACTH zu produzieren.
Quelle: NIH, 2018
Ursachen für einen niedrigen Cortisolspiegel
Ein niedriger Cortisolspiegel bei Nebenniereninsuffizienz kann durch folgende Ursachen verursacht werden:
- Autoimmunkrankheiten
- Infektion der Nebennieren
- Genetische Störungen, die die Entwicklung oder Funktion der Nebenniere oder der Hypophyse beeinträchtigen
- Chirurgische Entfernung der Nebenniere aus anderen Gründen
- Plötzliches Absetzen von Kortikosteroiden
- Hypophysentumore oder Infektionen
Quelle: NIH, 2018
Was sind die Symptome eines niedrigen Cortisolspiegels?
Zu den Symptomen einer Nebenniereninsuffizienz gehören Müdigkeit, allgemeine Schwäche und Gewichtsverlust. Der Schweregrad und die Art der Symptome hängen von der Ursache der Nebenniereninsuffizienz und des Cortisolmangels ab. Zu den Symptomen eines zu niedrigen Cortisolspiegels oder einer Nebenniereninsuffizienz gehören:
- Schmerzen im Unterleib
- Appetitverlust
- Übelkeit und Erbrechen
- Durchfall
- Niedriger Blutdruck (Hypotonie)
- Verlangen nach salzigen Lebensmitteln
- Niedriger Blutdruck, der beim Stehen abfällt und Schwindel oder Ohnmacht verursacht
- Verminderte sexuelle Lust
Quelle: NIH, 2018
Was ist zu tun, wenn der Cortisolspiegel zu niedrig ist?
Die Nebenniereninsuffizienz wird mit einer Hormonersatztherapie behandelt. Die Behandlung ist oft lebenslang erforderlich, in der Regel mit täglichen oralen Medikamenten (Nieman, 2021). Die korrekte Anwendung von Ersatzmedikamenten ist notwendig, um die Symptome zu minimieren und eine Nebennierenkrise zu vermeiden. Dabei handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, der durch einen schweren Mangel an Cortisol verursacht wird. Mit der richtigen medizinischen Versorgung können Menschen mit Nebenniereninsuffizienz ein aktives und gesundes Leben führen.