Abwägung der Risiken und Vorteile
Der PSA-Test ist ein Screening-Test für Prostatakrebs. Ziel von Screening-Tests ist es, Krebs in einem frühen Stadium zu erkennen, bevor Symptome auftreten, sodass er möglicherweise leichter behandelt werden kann. Es mag naheliegend erscheinen, dass ein PSA-Test immer vorteilhaft ist, wenn Prostatakrebs frühzeitig erkannt wird. Dennoch ist es wichtig, die Risiken und Vorteile des Tests abzuwägen, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Die Entscheidung für einen PSA-Test sollte individuell und erst nach Abwägung aller Faktoren getroffen werden.
Vorteile des PSA-Tests:
- Kann Prostatakrebs erkennen, bevor Symptome auftreten
- Kann einen schnell wachsenden Krebs in einem frühen Stadium identifizieren, bevor er sich auf andere Körperbereiche ausbreitet und schwerer zu behandeln ist
- Ob der PSA-Test das Sterberisiko bei Prostatakrebs senkt, wird weiterhin erforscht. Die bisherigen Studienergebnisse sind widersprüchlich, weshalb die Entscheidung für einen PSA-Test individuell getroffen werden sollte.
Eine große europäische Studie zum Prostatakrebs-Screening ergab, dass Männer, die sich einem PSA-Test unterzogen, ein um 20 Prozent geringeres Risiko hatten, nach 13 Jahren an Prostatakrebs zu sterben als Männer, die kein Prostatakrebs-Screening in Anspruch nahmen (Hugosson et al., 2019). Gleichzeitig zeigte sich, dass 781 Männer getestet und 26 Krebsfälle entdeckt werden müssten, um einen Todesfall durch Prostatakrebs zu verhindern (Schröder et al., 2014). Das bedeutet, dass viele Männer getestet werden, aber nur wenige tatsächlich von der Untersuchung profitieren.
Risiken des PSA-Tests:
Ungenaue Testergebnisse
Wie bei allen Screening-Tests besteht auch beim PSA-Test das Risiko von falsch positiven oder falsch negativen Ergebnissen. Ein falsch positives Testergebnis bedeutet, dass der PSA-Wert erhöht ist, obwohl kein Krebs vorliegt. Dies kann bei Betroffenen und ihren Familien unnötige Ängste auslösen und zu zusätzlichen invasiven Untersuchungen wie einer Prostatabiopsie führen, die eigene Nebenwirkungen haben kann. Mehrere Faktoren können den PSA-Wert beeinflussen, weshalb falsch positive Ergebnisse häufig vorkommen. Studien zeigen, dass nur bei 25 Prozent der Männer, die aufgrund eines erhöhten PSA-Werts eine Prostatabiopsie durchführen lassen, tatsächlich Prostatakrebs festgestellt wird (Lopez-Corona et al., 2007).
Ein falsch negatives Testergebnis hingegen bedeutet, dass der PSA-Wert normal ist, obwohl Prostatakrebs vorliegt. Schätzungsweise 15 Prozent der Männer mit Prostatakrebs haben keinen erhöhten PSA-Wert (Prostate Cancer UK, 2021). Ein falsch negatives Ergebnis kann eine trügerische Sicherheit vermitteln, weshalb bei anhaltenden prostata-bedingten Beschwerden trotz normalem PSA-Wert immer ein Arzt aufgesucht werden sollte.
Überdiagnose und Überbehandlung
Eine Überdiagnose bedeutet, dass eine Erkrankung erkannt wird, die keine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit oder das Leben darstellt. Dies kann zu unnötigen Behandlungen führen, die mit Nebenwirkungen wie Inkontinenz, Schmerzen und erektiler Dysfunktion einhergehen, was als Überbehandlung bezeichnet wird.Schätzungen zufolge müssen 23 bis 43 Prozent der durch PSA-Tests diagnostizierten Prostatakrebsfälle nie behandelt werden, da sie keinen Einfluss auf die Lebenserwartung des Betroffenen haben (Sandhu & Andriole, 2012). Das bedeutet, dass viele Männer mit, aber nicht an Prostatakrebs sterben. Dennoch entscheiden sich die meisten Männer mit einer Krebsdiagnose verständlicherweise für eine Behandlung, selbst wenn diese nicht notwendig wäre. Dies kann dazu führen, dass sie durch Nebenwirkungen der Therapie beeinträchtigt werden, ohne dass ihnen das Screening tatsächlich einen Nutzen bringt.